Unterirdischer Kammermusiksaal in Vitznau eröffnet

10-02-2023

Mit dem Bau des Kammermusiksaals, der Teil des Campus Kultur Kulinarik Vitznau ist, erhält die Gemeinde Vitznau am Vierwaldstättersee einen neuen Veranstaltungsort von nationaler Bedeutung. In einer Rekordzeit von nur 829 Tagen wurde der Saal gebaut, der 279 Personen Platz bietet, 10 Meter unter der Erde liegt und über 44 bewegliche Akustikplatten verfügt, mit denen die Nachhallzeit von 0,8 bis 1,7 Sekunden verändert werden kann.

Kultur Kulinarik Vitznau

Kultur Kulinarik Vitznau ist ein Treffpunkt, an dem der Wunsch nach Kunstgenuss, Erholung und neuem Wissen unter einem Dach erfüllt werden kann. Ein Ort der Kultur und der kulinarischen Künste, an dem sich Forschung, Bildung und Entwicklung treffen. Es wurden Räume geschaffen, die Gelegenheit zu praktischer Forschung und Bildung bieten. Ein Ambiente, das durch multimediale Technik und Individualisierung der Darbietungen inspiriert, den Wissenstransfer unterstützt und neue künstlerische Ausdrucksformen ermöglicht. Kultur Kulinarik Vitznau umfasst einen einzigartigen Kammermusiksaal und einen Hightech-Multimediasaal und befindet sich unterirdisch neben dem Neuro Campus Hotel in Vitznau. Sie können von Veranstaltern, Festivals, Schulen und Musikschulen für die Durchführung ihrer Projekte gemietet werden. Die Eröffnung der Kultur Kulinarik Vitznau und des Kammermusiksaals wird vom 10. Februar bis 12. Februar 2023 mit einem außergewöhnlichen Festival gefeiert.

Kammermusik und Akustik
Ein Saal für Kammermusik und natürlich für die Wiener Sängerknaben, das waren die ersten Vorgaben. Bei der Kammermusik kann es sich zum Beispiel um einen Soloviolinisten, ein Quartett, ein Oktett oder ein Kammerorchester handeln, vielleicht sogar mit Blechblasinstrumenten. Es handelt sich um Kammermusik, aber die Größe des Ensembles ist sehr unterschiedlich. Insbesondere bei der Kammermusik wird der Bedarf an Saalgröße in erster Linie durch die Größe des Ensembles und das entsprechende Musikvolumen bestimmt. Je weniger Musiker, desto kleiner kann der Raum sein, um Intimität und musikalische Unterstützung zu gewährleisten; je mehr Musiker, desto größer muss der Raum sein, damit er nicht zu laut ist. Nach dem gemeinsamen Hören von Kammermusik in verschiedenen Sälen und den Wiener Sängerknaben bei Muth in Wien wurde beschlossen, einen Kammermusiksaal vom Solisten bis zum Oktett und natürlich den Wiener Sängerknaben zu haben. Auf oder besser gesagt "unter" der zur Verfügung stehenden Grundfläche konnte ein Nettoraumvolumen von ca. 2.700 m3 realisiert werden, mit relativ viel Höhe in der Halle. Alle Zuhörer sitzen also ganz nah bei den Musikern, wie es bei Kammermusik traditionell sein sollte, mit einer starken Präsenz der Musik. Die relativ große, aber unterirdische Höhe sorgt dafür, dass es für das Oktett nicht zu laut ist.

Dieser Saal ist für diese Kammermusik gedacht, aber auch andere Nutzungen sind möglich, ohne die optimale Akustik für Kammermusik zu beeinträchtigen.
 

Akustik und Geometrie

Die Halle befindet sich unter der Erde
Der Saal befindet sich unterirdisch


Akustik und Geometrie sind eng miteinander verbunden. Alle Aspekte der Geometrie wirken sich auf die Akustik aus und sind daher die wichtigsten Stellschrauben zu Beginn des Entwurfsprozesses, um die Akustik zu kontrollieren. Bei unserem Entwurf bilden Bühne und Zuschauerraum ein zusammenhängendes Volumen, ohne die Einschnürung durch einen Proszeniumsrahmen. Je kompakter der Raum, desto besser die Übertragung der Musik von der Bühne zum Publikum. Die relativ geringe Breite im Vergleich zur Höhe sorgt für frühe und starke seitliche Reflexionen und damit für einen räumlichen Klang, und die Unterseiten der seitlichen Balkone verstärken diese seitlichen Reflexionen: All dies wirkt zusammen wie ein natürliches Stereosystem. Die Reflexionen von der Rückwand tragen zu dem Gefühl bei, von Klang umgeben zu sein: Stereo wird auf strukturell natürliche Weise zu 3D-Surround erweitert. Die vielen Drehungen sorgen für eine Vermischung des Klangs, im Publikumsbereich für eine gute Balance zwischen den Musikern und im Bühnenbereich für eine gute Hörbarkeit der Musiker untereinander. Optisch transparente Reflektoren unterstützen diese Hörbarkeit zwischen den Musikern auf der Bühne. In der oberen Halle kann sich der Klang länger entfalten, wodurch der warme Nachhall entsteht.
 

Akustische 3D-Simulationen
Zusammen mit dem Architekten fand der Entwurfsprozess von Anfang an in 3D statt: Gemeinsam entwickelten wir Modelle des Saals und passten sie schrittweise an beide Anforderungen an, sowohl akustisch als auch architektonisch.

3 D Modell
3 D Simulation

Nicht nur Kammermusik, sondern auch andere Veranstaltungsformen wurden berücksichtigt. Der Boden im Saal ist verstellbar: Es ist möglich, einen flachen Boden oder einen schrägen Boden mit einer Bühne zu schaffen. Für Musikveranstaltungen mit kleinerem Publikum oder für Veranstaltungen mit Sprache oder verstärkter Musik ist es möglich, den Saal stumm zu schalten. Verschiedene Wandpaneele können gedreht werden, um schallabsorbierende Oberflächen freizulegen, und Vorhänge können vor die beiden Enden geschoben werden. Die Technik an der Decke ermöglicht eine Vielzahl von Veranstaltungen.

Gleichzeitig wurden auch die anderen Säle des Projekts klanglich optimiert, allerdings hauptsächlich, um gegenseitige Störungen zu vermeiden. Ein Tonstudio ermöglicht professionelle Aufnahmen in der Halle. In Momenten der Stille ist die musikalische Spannung am höchsten und sollte nicht durch Geräusche aus der Lüftung oder der Umgebung gestört werden. Obwohl unterirdisch, wurde der Kammermusiksaal als Raum im Raum gebaut, schwebend und von allen möglichen Reizen getrennt.
 

Akustik in einem Maßstab von 1:10

Da die Verwendung für Kammermusik oberste Priorität hat, wurde auch die beste akustische Forschungsmethode angewandt: akustische Messungen an einem maßstabsgetreuen Modell. Der Wellencharakter der Schallwellen bleibt erhalten. In der Planungsphase wurde ein 1:10-Modell erstellt, wobei die Frequenzen um den Faktor 10 verschoben wurden. Zur Messung und Bewertung der Schallübertragung wurden speziell entwickelte Lautsprecher und Mikrofone eingesetzt. Die Wand- und Deckenpaneele wurden optimiert, ebenso wie die Reflektoren über der Bühne. Auf diese Weise wurden für alle Positionen in der Halle eine hohe Dichte und eine gleichmäßige Verteilung der Reflexionen über die Zeit erreicht.

Schalenmodell
1:10 Modellierung

Akustik im Bauprozess
Der akustische Wert der Wandpaneele liegt nicht in den goldenen Oberflächen, sondern dahinter: Durch die tiefen Töne wird ein warmer Klang erzeugt. Um zu verhindern, dass sie verschwinden, wurden schwere Wandplatten verwendet. Millimetergenau geplant und vorgefertigt, vor Ort montiert und verklebt. Alle Fugen, die undicht sein könnten, wurden sorgfältig abgedichtet. Publikum und Bestuhlung sind die wichtigsten schallschluckenden Elemente in einem Konzertsaal. Es wurden genaue akustische Anforderungen an die Sitze gestellt, die im Akustiklabor von Peutz getestet wurden. Die Belüftung sorgt für ein angenehmes Klima, sollte aber nicht hörbar sein. Mittels eines unsichtbaren hydraulischen Luftverteilungssystems, ohne Steuerventile, wird das Publikum nahezu unhörbar mit Luft versorgt. Die Dimensionierung der Durchlässe erfolgte durch Strömungssimulationen und Klimakammertests.
 

Das Ergebnis
Nach Fertigstellung des Auditoriums wurden detaillierte akustische Messungen durchgeführt. Die Ergebnisse kamen den Ergebnissen der Modellmessungen sehr nahe und entsprachen dem Ziel eines optimalen Klangs für Kammermusik.

Die Akustik kann als eine gelungene Kombination aus Wärme und Transparenz beschrieben werden. Man fühlt sich den Musikern nahe und vom Klang umgeben.

 

Broschüre
Broschüre

 

 

 

 

 

 

 

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